Unternehmen dürfen Bestandstelefonnummern nicht nutzen
Oberverwaltungsgericht Saarland – Az.: 2 A 355/19 – Beschluss vom 16.02.2021
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist im Bereich der Versicherungsvermittlung, der Vermögensanlage sowie der Finanzierung tätig. In diesem Zusammenhang betreibt sie telefonische Werbeansprachen. Ende August 2018 wandten sich die Eheleute H. mit einer Eingabe per E-Mail an die Beklagte und führten aus, sie seien am 28.8.2018 von einem Callcenter aus Nürnberg im Namen der „H… W…, Die F… GmbH“ zu Werbezwecken kontaktiert worden, ohne dass sie eine Einwilligung in eine solche Werbeansprache erteilt hätten.
Die Beklagte forderte die Klägerin daraufhin Anfang September 2018 zur Stellungnahme auf, da der Verdacht eines Verstoßes gegen die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) bestehe.
Unter dem 25.9.2018 führte die Klägerin mit Schreiben ihrer Datenschutzbeauftragten aus, die Bestimmungen der DS-GVO seien nicht anwendbar, weil die für die verfahrensgegenständliche Werbeansprache verwendete Telefonnummer gewerblich durch die „ … GbR“ genutzt werde. Weiterhin liege eine die telefonische Werbeansprache legitimierende Einwilligung vor. Der Petent Herr H. habe eine Eintragung zu einem Gewinnspiel am 19.1.2017 um 20.21 Uhr über die Webseite www.p…..de vorgenommen und zusätzlich eine Einverständniserklärung in die Verwendung der besagten Telefonnummer für Zwecke des Direktmarketings durch die Klägerin erteilt. Als Beleg wurde der Ausdruck einer Online-Registrierung beigefügt, aus welcher der Name Herr R… H., die Adresse R … Berg 3, 8… M… sowie die Telefonnummer 0…3-9…9 und das bereits genannte Eintragungsdatum verknüpft mit der IP-Adresse … ersichtlich seien.
Nachdem den Petenten diese Angaben zur Kenntnis gebracht wurden, führten diese aus, die Webseite www.p…..de sei ihnen unbekannt und sie hätten auch keine Einwilligung in eine Werbeansprache erklärt. Zudem werde die verwendete Telefonnummer auch privat genutzt.
Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie beabsichtige die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zur telefonischen Werbeansprache zu untersagen, soweit sie ohne wirksame Einwilligung erfolgten, sowie die Löschung entsprechend erhobener und gespeicherter Daten zu verfügen. Da die verwendete Telefonnummer der Petenten auch privat genutzt werde, handele es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die den Grundsätzen der DS-GVO genügen müsse. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ein Verfahren, das lediglich die Eintragung und das Ankreuzen von Kästchen vorsehe (sog. „Single-Opt-In-Verfahren“), ungeeignet für den erforderlichen Nachweis, ob eine Eintragung und wettbewerbsrechtlich erforderliche Einwilligung tatsächlich von der jeweils angerufenen Person stamme. Die wettbewerbsrechtliche Bewertung, wonach die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als unzumutbare Belästigung zu qualifizieren sei, sei auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Interessenabwägung zu beachten.
Im Rahmen ihrer Stellungnahme gab die Klägerin an, die Einwilligung des Petenten sei durch ein vollständig durchlaufenes Double-Opt-In-Verfahren eingeholt worden, und verwies in diesem Zusammenhang auf die beigefügte Darstellung des technischen Prozesses des Subauftragnehmers. Zugleich legte die Klägerin eine Online-Registrierung vor, in der zusätzlich eine E-Mail-Adresse und der Eingang einer Bestätigungsmail vermerkt sind. Der dazu vorgelegte Ausdruck weist als erstmalige Anmeldung und Einwilligung „19.1.2017 20:21:17 h“ aus und als E-Mail-Adresse …@gmx.de. Die Petenten seien Inhaber dieser E-Mail-Adresse. Es sei eine E-Mail an die eingetragene Adresse mit der Bitte um Bestätigung der Teilnahme gesendet worden, woraufhin eine solche Bestätigung durch Anklicken des in der E-Mail angegebenen Links durch den Empfänger der E-Mail erfolgt sei. Die Petenten müssten ihrerseits nach Lage der Dinge die Nichterteilung der Einwilligung nachweisen.
Auf Nachfrage der Beklagten gaben die Petenten an, die genannte E-Mail-Adresse sei ihnen unbekannt. Sie hätten weder eine Eintragung zu dem benannten Gewinnspiel noch eine entsprechende Bestätigung über die angegebene E-Mail-Adresse vorgenommen.
Unter dem 12.4.2019 erließ die Beklagte die streitgegenständliche Anordnung. In dieser heißt es:
1. Anordnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DS-GVO – Beschränkung bzw. Verbot der Verarbeitung
Die auf die Einwilligung der betroffenen Personen gestützte Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings ist einzustellen, soweit diese personenbezogenen Daten über die Website www.p…..de oder über andere Online-Gewinnspiele generiert werden und keine Einwilligung im Sinne des Art. 4 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DS-GVO vorliegt, für die nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 DS-GVO der Nachweis geführt werden kann, dass diese unmissverständlich und zweifelsfrei von der betroffenen Person erklärt wurde.
2. Anordnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO – Löschung von personenbezogenen Daten
Die für den Zweck des telefonischen Direktmarketings verarbeiteten Daten betroffener Personen sind zu löschen, soweit keine die Verarbeitung legitimierende Einwilligung nach Ziffer 1 gegeben ist.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, vorliegend seien Name des Petenten sowie Adresse und Telefonnummer als personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO erhoben und letztere zu Zwecken des telefonischen Direktmarketings in der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmens verwendet worden. Es sei unerheblich, dass die in diesem Zusammenhang verwendete Telefonnummer der von den Petenten betriebenen „GbR“ zugeordnet werde, da der Anschluss auch privat genutzt werde. Als Rechtsgrundlage für die betriebene Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Direktmarketings werde die Einwilligung der betroffenen Person gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 DS-GVO zugrunde gelegt. Die vorgelegten Dokumente belegten nicht, dass die Petenten an dem in Frage stehenden Gewinnspiel teilgenommen und in die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings eingewilligt hätten. Das „Single-Opt-In-Verfahren“, wonach online lediglich die Eintragung und das Ankreuzen von Kästchen vorgesehen sei, genüge nicht für die Feststellung, dass eine Eintragung und Einwilligung tatsächlich von der jeweils angerufenen Person stamme, da weder die IP-Adresse eine eindeutige Zuordnung zulasse, noch ersichtlich sei, ob die übrigen Daten tatsächlich von der jeweils angerufenen Person eingetragen worden seien. Auch das „Double-Opt-In-Verfahren“, in dem zusätzlich eine E-Mail-Adresse und die Aktivierung eines per E-Mail übersandten Bestätigungslinks vermerkt werde, genüge nicht für eine dahingehende Feststellung, da kein notwendiger Zusammenhang zwischen der in einem Online-Teilnahmeformular eingetragenen E-Mail-Adresse und der angegebenen Telefonnummer bestehen müsse. Das von der Klägerin zu verantwortende gewählte Verfahren der Kontaktdatengenerierung über die Gewinnspielwebseite mit dem Ziel, personenbezogene Daten für Marketingzwecke zu erhalten, sei somit ungeeignet, um zweifelsfrei nachzuweisen, dass betroffene Personen in die spezifische Datenverwendung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO eingewilligt haben. Die Verarbeitung könne auch nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO gestützt werden. Zwar sei in Erwägungsgrund 47 der DS-GVO ausgeführt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden könne. Dabei sei aber eine Abwägung erforderlich, in welcher beispielsweise die vernünftigen Erwartungshaltungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zum Verantwortlichen beruhten, zu berücksichtigen seien. Vorliegend stünden die Petenten in keinerlei geschäftlicher Beziehung zu der Klägerin und müssten vernünftigerweise auch nicht damit rechnen, telefonisch von deren Unternehmen bzw. von einem beauftragten Callcenter zu Werbezwecken kontaktiert zu werden. Die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher sei ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als unzumutbare Belästigung zu qualifizieren. Diese Einordnung sei auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Interessenabwägung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zu berücksichtigen. Die auf Art. 58 Abs. 2 lit. f DS-GVO gestützte Anordnung sei geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig um datenschutzrechtlich konforme Zustände herzustellen; da Gegenstand der Untersagung seien nicht sämtliche Werbekontaktaufnahmen, sondern ausdrücklich nur telefonische Werbeansprachen, soweit diese allein auf eine Online-Registrierung und eine Bestätigung per E-Mail in obigem Sinne gestützt würden. Die unter Ziffer 2 der Verfügung getroffene Anordnung habe ihre Ermächtigungsgrundlage in Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO.
Die Anordnung der Beklagten, die im Adressfeld die Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung bezeichnet, wurde der Klägerin am 16.4.2019 zugestellt.
Am 16.5.2019 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte gehe unzutreffend davon aus, dass für die Verarbeitung der betroffenen personenbezogenen Daten keine Einwilligung der betroffenen Personen vorliege. Es sei sogar ein Double-Opt-In-Verfahren durchgeführt worden, um eine zusätzliche Bestätigung der betroffenen Personen einzuholen. Die Beklagte habe allerdings ihre Anordnung in erheblichem Maße auf die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des § 7 UWG gestützt, bei denen fraglich sei, ob nationalstaatliche Regelungen zur Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen herangezogen werden können. Dabei habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die DS-GVO als direkt anwendbare Verordnung des Gemeinschaftsrechts einer einheitlichen Rechtsanwendung bedürfe. Eine Übertragung nationalstaatlicher wettbewerbsrechtlicher Vorschriften auf gemeinschaftsrechtliche datenschutzrechtliche Vorschriften scheide aus. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Direktwerbung sei gerade nicht zwingend von einer Einwilligung abhängig, wie sie die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des § 7 UWG vorsähen. Die Anforderungen an die datenschutzrechtliche Einwilligung seien als deutlich geringer anzusehen als die Anforderungen an die Einwilligung nach den Regelungen des deutschen Wettbewerbsrechts. Die Direktwerbung per Telefon sei innerhalb der europäischen Union nicht einheitlich geregelt. Die Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), auch e-privacy-Richtlinie genannt, lasse den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Direktwerbung per Telefon auch ohne ausdrückliche Einwilligung zuzulassen und stattdessen ein nationales Opt-Out-Verfahren zur Verfügung zu stellen. Die Datenschutzgrundverordnung sei eine abgeschlossene Regelung, die nur an einzelnen Stellen, an denen der Unionsgesetzgeber Öffnungsklauseln vorgesehen habe, eine abweichende Regelung durch die Mitgliedstaaten erlaube. Mit Schriftsatz vom 28.10.2019 hat die Klägerin ihr Vorbringen dahingehend ergänzt, dass im Rahmen des Werbeanrufs zunächst abgefragt werde, ob der in der online erteilten Einwilligung eingetragene Name mit der angerufenen Person übereinstimme und erst dann das Interesse an Versicherungsleistungen abgefragt werde.
Die Klägerin hat beantragt, die Anordnung der Beklagten vom 12.4.2019 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, durch das double-opt-in-Verfahren sei lediglich gewährleistet, dass die Person, welche die Eintragungen vorgenommen habe, auch Inhaber des betreffenden E-Mail-Accounts sei, nicht jedoch, dass die Eintragungen von der Person vorgenommen worden seien, die in der Eintragung namentlich benannt oder deren Telefonnummer eingetragen worden sei. § 7 UWG und die zu Grunde liegende europarechtliche Norm des Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG habe einen immanenten Datenschutzbezug. In einer verbotenen Verarbeitung könne kein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO gesehen werden.
Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019 ergangenen Urteil – 1 K 732/19 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine Widersprüchlichkeit oder Unbestimmtheit der Anordnung ergebe sich nicht. Explizit erstrecke sich die streitige Anordnung auch auf einen ersten Anruf, mit dem zum ersten Mal ein Opt-In – die Einwilligung – abgefragt werden solle. Auch ein solcher erster Anruf und demzufolge die Speicherung von diesbezüglichen persönlichen Daten natürlicher Personen in Deutschland seien aus Gründen des Datenschutzes untersagt. Das von der Klägerin anfänglich vorgetragene einfache Opt-In-Verfahren durch einen ersten Telefonanruf sei daher offensichtlich ungeeignet, die vorherige Einwilligung zur telefonischen Kontaktaufnahme zu begründen. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten sei unrechtmäßig, weil keiner der Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 DS-GVO erfüllt sei. Soweit sich die Klägerin zuletzt auf eine im Double-Opt-In-Verfahren erlangte datenschutzrechtliche Einwilligung berufe, genüge diese nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO, um daraus die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung herzuleiten. Nach Art. 7 Abs. 1 DS-GVO sei Bedingung für die Wirksamkeit der Einwilligung, dass der Verantwortliche nachweisen könne, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt habe. Dieser Nachweis sei der Klägerin im Fall der von ihr angerufenen Petenten nicht gelungen. Die im Wege einer Online-Registrierung und einer Bestätigung per E-Mail im von der Klägerin geschilderten Verfahren erlangte Einwilligung im elektronisch durchgeführten Double-Opt-In-Verfahren könne ein sonst fehlendes Einverständnis natürlicher Personen als Verbraucher mit Werbeanrufen nicht ersetzen. Das Double-Opt-In-Verfahren sei eine praktikable Möglichkeit, um potenziellen Kunden Werbung per E-Mail zukommen zu lassen. Gehe ein Teilnahmeantrag elektronisch ein, so könne dessen Absender durch eine E-Mail um Bestätigung seines Teilnahmewunsches gebeten werden. Nach Eingang der erbetenen Bestätigung könne angenommen werden, dass der Antrag tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stamme. Habe der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens in dem Teilnahmeformular bestätigt, dass er mit der Übersendung von Werbung einverstanden sei, sei grundsätzlich hinreichend dokumentiert, dass er in E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt habe. Der Werbende habe mit einem solchen Verfahren ausreichend sichergestellt, dass es nicht aufgrund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung komme. Das schließe es aber nicht aus, dass sich der Verbraucher auch nach Bestätigung seiner E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren noch darauf berufen könne, dass er die unter dieser Adresse abgesandte Einwilligung in E-Mail-Werbung nicht abgegeben habe. Dafür trage er allerdings die Darlegungslast. Für die Bedeutung einer Bestätigungsmail im elektronischen Double-Opt-In-Verfahren für das Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen sei demgegenüber zu berücksichtigen, dass kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt worden sei, und der in ihm angegebenen Telefonnummer bestehe. So könne es zahlreiche Gründe dafür geben, dass eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen werde. Sie reichten von der versehentlichen Falscheingabe über den vermeintlich guten Dienst, eine andere Person für ein Gewinnspiel anzumelden, bis zur Angabe der elterlichen Telefonnummer durch Minderjährige. Nicht auszuschließen sei ferner die bewusste Falscheingabe in Belästigungs- und Schädigungsabsicht oder sogar durch den tatsächlichen Inhaber der E-Mail-Adresse, um gerade nicht selbst zu Werbezwecken angerufen zu werden. Insgesamt liege eine fehlerhafte Angabe einer Telefonnummer bei derartigen Online-Formularen keinesfalls fern. Entscheidend sei, dass durch das Double-Opt-In-Verfahren die „Echtheit” der Telefonnummer, die der Verbraucher bei seiner Registrierung angegeben habe, nicht überprüft werde. Auf den Verifizierungsvorgang per Double-Opt-in-Verfahren für die E-Mail-Adresse habe die Telefonnummer keinen Einfluss. Allein dann, wenn der Unternehmer darlegen könne, dass der Telefonanschluss auch der E-Mail-Adresse zuzuordnen sei, unter der die Bestätigung abgesandt worden sei, obliege es dem Verbraucher darzulegen, dass er kein Einverständnis mit Werbeanrufen erklärt habe. Im Vorhinein sei dies für den Unternehmer aber nicht feststellbar. Wessen Telefonnummer der Unternehmer erlange, wisse er nicht. Das Double-Opt-In-Verfahren biete keine geeignete Möglichkeit, die erforderliche Einwilligung in Telefonwerbung zu dokumentieren und erforderlichenfalls Beweis zu führen. Das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung habe nichts an dieser Tatsache geändert. In Art. 4 Nr. 11 DS-GVO werde die Einwilligung der betroffenen Person als jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung definiert, mit der die betroffene Person zu verstehen gebe, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden sei. Dieses Ergebnis werde auch durch die Erwägungsgründe der DS-GVO gestützt. Nach dem 32. Erwägungsgrund der DS-GVO solle die Einwilligung durch eine eindeutige bestätigende Handlung erfolgen, mit der freiwillig, für den konkreten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich bekundet werde, dass die betroffene Person mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden sei, etwa in Form einer schriftlichen Erklärung, die auch elektronisch erfolgen könne, oder einer mündlichen Erklärung. Diese Auslegung werde auch durch den vorgehenden Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG bestätigt. Könne die Klägerin damit in dem von ihr gewählten Verfahren keine Einwilligung in die Nutzung der erlangten Telefonnummer zu Werbeanrufen durch den Anschlussinhaber nachweisen, könne sie sich nicht auf eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO berufen. Die Rechtmäßigkeit der aufgegriffenen Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Klägerin lasse sich auch nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO stützen. Danach sei die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sei, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erforderten, vorgingen. Der zur gerichtlichen Entscheidung anstehende Lebenssachverhalt unterfalle bereits nicht dieser Vorschrift. Die Richtlinie 2002/58/EG bestimme in ihrem Art. 13 Abs. 3 den maßgeblichen Schutzstatus natürlicher Personen gegenüber Telefonwerbung. Darin heiße es: Die Mitgliedstaaten ergriffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass außer in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zwecke der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer oder Nutzer erfolgten oder an Teilnehmer oder Nutzer gerichtet seien, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet seien; welche dieser Optionen gewählt werde, werde im innerstaatlichen Recht geregelt, wobei berücksichtigt werde, dass beide Optionen für den Teilnehmer oder Nutzer gebührenfrei sein müssen. Damit schließe das Unionsrecht im Falle der an natürliche Personen gerichteten telefonischen Werbeansprache eine Interessenabwägung aus. Entweder sei telefonische Direktwerbung ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer verboten (wie z. B. in Deutschland) oder nicht gestattet, sobald der Teilnehmer gemäß der nationalen Regelung erklärt habe, keine solchen Nachrichten erhalten zu wollen (wie z.B. in Frankreich). Auch die aktuelle, in Vorbereitung befindliche Fassung der Richtlinie 2002/58/EG als Verordnung sehe eine – von einer Interessenabwägung unabhängige – eindeutige Regelung vor. Werbeanrufe unterfielen Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG (in der Fassung der Richtlinie 2009/136/EG). Dazu sei in der Bundestagsdrucksache 16/10145, S. 29, ausgeführt: Diese Bestimmung weiche von Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] insoweit ab, als danach bereits der erste unerwünschte, ohne vorherige Zustimmung vorgenommene Werbeanruf unzulässig ist (als „Opt-in“-System bezeichnet, vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, Bundestagsdrucksache 15/1487, S. 21), während von der Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] nur „hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon“ erfasst werde. Die insoweit strengere Regelung sei jedoch zulässig. Denn sie beruhe auf Artikel 13 Abs. 3 der vorstehend näher bezeichneten Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG. Diese Bestimmung bleibe nach der ausdrücklichen Regelung in Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie [2005/29/EG] unberührt. Hinzu komme, dass es den Mitgliedstaaten nach Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG freistehe, entweder ein „Opt-in“-System wie im UWG oder ein „Opt-out“-System einzuführen, wobei Werbeanrufe nur im zweiten Fall erst dann unzulässig seien, wenn der Angerufene (anlässlich des Erstanrufs oder durch seine Aufnahme in eine sogenannte Robinson-Liste) es ausdrücklich abgelehnt habe, zu Werbezwecken angerufen zu werden. Die vorliegend umzusetzende Richtlinie [2005/29/EG] habe dieses Wahlrecht nicht eingeschränkt. Nach Erwägungsgrund 14 der Richtlinie [2005/29/EG] finde keine Vollharmonisierung statt, soweit das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten für den Verbraucherschutz bei geschäftlichen Handlungen die Wahl zwischen mehreren Regelungsoptionen lasse. In diesem Zusammenhang werde in dem Erwägungsgrund sogar ausdrücklich auf Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG Bezug genommen. Dessen Fortgeltung im Hinblick auf die Richtlinie 2005/29/EG vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt habe der BGH in seinem Urteil vom 10.02.2011 – I ZR 164/09 – ausführlich begründet. Darin heiße es: Allerdings seien die Regeln über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern mit der Richtlinie 2005/29/EG auf Gemeinschaftsebene vollständig harmonisiert worden. Dabei stelle Anhang I der Richtlinie eine erschöpfende Liste der Geschäftspraktiken auf, die nach ihrem Art. 5 Abs. 5 „unter allen Umständen“ als unlauter anzusehen seien. Nur diese Geschäftspraktiken könnten daher ohne eine Beurteilung des Einzelfalls anhand der Bestimmungen der Art. 5 bis 9 der Richtlinie 2005/29/EG als unlauter gelten, weil das Merkmal der Unlauterkeit bereits in ihrem Tatbestand enthalten sei. Nach dem ersten Satz der Nummer 26 des Anhangs I der Richtlinie sei allein das hartnäckige und unerwünschte Ansprechen von Kunden über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien unter allen Umständen unlauter. Dies gelte gemäß Satz 2 dieser Bestimmung jedoch „unbeschadet des Artikels 10 der Richtlinie 97/7/EG sowie der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG“. Dadurch werde insoweit nicht etwa ein Vorrang der Richtlinie 2005/29/EG angeordnet. Die genannten Vorschriften – und damit insbesondere auch Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG – behielten vielmehr ohne Einschränkung durch die Richtlinie 2005/29 EG weiterhin Gültigkeit. Diese schon nach dem Wortlaut gebotene Auslegung werde durch die beiden letzten Sätze des Erwägungsgrunds 14 dieser Richtlinie bestätigt. Danach sollte die Richtlinie 2005/29/EG das bestehende Gemeinschaftsrecht unberührt lassen, das den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Wahl zwischen mehreren Regelungsoptionen für den Verbraucherschutz auf dem Gebiet der Geschäftspraktiken lasse. Die Regelung in Nr. 26 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG werde bei weiterer Zulässigkeit der „Opt-in“-Lösung im Recht der Mitgliedstaaten keineswegs überflüssig. Sie behalte ihren Anwendungsbereich für die Mitgliedstaaten, in denen in Anwendung der zweiten Regelungsoption des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG Telefonwerbung nur dann unzulässig sei, wenn sie sich an Teilnehmer richte, die ihr widersprochen hätten („Opt-out“-Lösung). Das Auslegungsergebnis einer Fortgeltung des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG sei nach Wortlaut, Systematik und Zweck der maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften eindeutig. Für Sachverhalte ab dem 25.5.2018 gelte die Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit der Verordnung (EU) 2016/679 (DS-GVO). Art. 95 DS-GVO bestimme das Verhältnis zur Richtlinie 2002/58/EG: Diese Verordnung erlege natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterlägen, die dasselbe Ziel verfolgten. Damit habe es nicht dem Willen des Verordnungsgebers entsprochen, die Richtlinie 2002/58/EG aufzuheben oder zu modifizieren. Dies komme auch in Erwägungsgrund 173 der DS-GVO zum Ausdruck, wo es heiße, diese Verordnung solle auf alle Fragen des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung finden, die nicht den in der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates bestimmten Pflichten, die dasselbe Ziel verfolgten, unterlägen, einschließlich der Pflichten des Verantwortlichen und der Rechte natürlicher Personen. Vor diesem Hintergrund könne nicht festgestellt werden, dass die DS-GVO für Telefonwerbung vorrangige Geltung gegenüber der Richtlinie 2002/58/EG beanspruche. Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG gebe für telefonische Werbeansprachen, die an natürliche Personen adressiert seien, ausdrücklich nur zwei mitgliedstaatliche Möglichkeiten der Umsetzung des unionsrechtlichen Schutzes verbindlich vor. Entweder ein nationales Register, wonach es verboten sei, Telefonwerbung an solche Teilnehmer oder Nutzer zur richten, die sich dort hätten eintragen lassen, um keine entsprechenden Nachrichten zu erhalten. Oder eine nationale Bestimmung, dass Telefonwerbung ohne Einwilligung des betroffenen Teilnehmers überhaupt nicht gestattet sei. Von letzterer Regelungsmöglichkeit habe der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, der der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG diene, sei Telefonwerbung gegenüber natürlichen Personen generell nur nach deren vorheriger ausdrücklicher Einwilligung zulässig. Dabei seien die Voraussetzungen für die Einwilligung in Einklang mit Unionsrecht nunmehr nach der DS-GVO zu bestimmen. Da, wie dargelegt, mit der von der Klägerin gewählten Verfahrensweise eine solche nicht vorliege, sei die telefonische Werbeansprache der Klägerin verboten. Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, dass in einem anderen Land der Union, etwa in Frankreich, in dem Telefonwerbung erst unzulässig sei, nachdem sich der Telefonteilnehmer in dem entsprechenden Register habe eintragen lassen, sei hier nicht entscheidungserheblich. Der klägerische Vortrag führte in seiner Konsequenz dazu, dass auch solche nationale Regelungen und das Verbot eines Telefonanrufs nach dem Eintrag im nationalen Register im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO stünden. Dies entspreche eindeutig nicht dem Willen des Verordnungsgebers, der weiterhin eine Harmonisierung der Richtlinie 2002/58/EG anstrebe. Aber auch wenn man Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO für anwendbar ansähe mangelt es bereits am Vorliegen eines berechtigten Interesses der Klägerin. Aus Erwägungsgrund 47 der DS-GVO ergebe sich, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden könne. Darin heißt es: Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung könne durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürften, oder eines Dritten begründet sein, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht vorrangig seien. Dabei seien die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhten, zu berücksichtigen. Ein berechtigtes Interesse könne beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen bestehe, etwa wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen sei oder in seinen Diensten stehe. Auf jeden Fall sei das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen, wobei auch zu prüfen sei, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolge, vernünftigerweise absehen könne, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen werde. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet würden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen müsse, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen. Da es dem Gesetzgeber obliege, per Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden zu schaffen, solle diese Rechtsgrundlage nicht für Verarbeitungen durch Behörden gelten, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben vornähmen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang stelle ebenfalls ein berechtigtes Interesse des jeweiligen Verantwortlichen dar. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung könne als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden. Dabei reiche es aber nicht aus, dass der Verantwortliche ein wirtschaftliches oder ideelles Interesse daran habe, Nutzen aus der Verarbeitung zu ziehen. Vielmehr müsse das Interesse an der Verarbeitung ein berechtigtes Interesse sein. Dies setze voraus, dass die vom Verantwortlichen mit der Verarbeitung verfolgten Ziele – hier ein telefonisches Direktmarketing ohne vorgehende Einwilligung – im Einklang mit Unionsrecht stünden. Die DS-GVO lasse Vorgaben für die Interessenabwägung durch die Mitgliedstaaten nicht mehr zu. Eine Eingrenzung auf „legale“ Interessen könne jedoch in Bezug auf die vorgegebene Unionsrechtskonformität der Interessenverfolgung postuliert werden. Da die aufgegriffene telefonische Werbeansprache in Widerspruch zur Richtlinie 2002/58/EG stehe, lasse sie sich somit auch nicht mittels Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO rechtfertigen. Entsprechend könne die Löschung der von der Klägerin im beanstandeten Verfahren gewonnenen und bereits gespeicherten personenbezogenen Daten auf Art. 58 Abs. 2 lit. g DS-GVO gestützt werden, da diese unrechtmäßig im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO verarbeitet worden seien. Auch die Ermessensentscheidung im Einzelfall sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte werde zur Durchsetzung der Harmonisierung dienenden Unionsrechts in Gestalt der Richtlinie 2002/58/EG tätig. Diese müsse so in nationales Recht umgesetzt werden, dass ihre Rechte für den Einzelnen erkennbar seien und er sie geltend machen könne. Von daher bestünden keine Bedenken, dass die Beklagte zur Durchsetzung der Richtlinie 2002/58/EG i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG berufen sei. Die getroffenen Anordnungen seien auch verhältnismäßig. Die Interessenabwägung falle zugunsten der betroffenen Telefonteilnehmer aus. Die Rechte aus Art. 7 und 8 EUGRCh, die Achtung des Privat- und Familienlebens und der Schutz personenbezogener Daten seien hohe und besonders schützenswerte Güter. In Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung seien diese besonders vor Missbrauch zu schützen. In Anbetracht der Tatsache, dass Werbung über zahlreiche andere Kanäle möglich sei und auch das Validieren von Telefonnummern mittels per SMS übersandter Bestätigungspins/-codes, welche in der Bestätigungs-E-Mail zu verwenden seien, in Betracht komme, überwögen diese Rechtsgüter das durch Art. 15 und 16 EUGRCh (Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten, Unternehmerische Freiheit) geschützte Recht der Klägerin derartige Werbeansprachen in der aufgegriffenen Weise durchzuführen. Die gesetzte Frist von zwei Wochen zur Umsetzung sei ebenfalls verhältnismäßig.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 25.11.2019 zugestellt.
Am 18.12.2019 hat die Klägerin Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen am 27.1.2020 (einem Montag) begründet.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (vgl. §§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29.10.2019 – 1 K 732/19 – ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beschränkt ist, greifen nicht ein, soweit sie den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden sind. Die Klägerin reklamiert ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann nicht von allein am Maßstab der Ergebnisfehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils zu beurteilenden ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ausgegangen werden.1
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch die Klägerin sei unrechtmäßig, weil keiner der Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO erfüllt sei, begegnet keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Mit Blick auf das sehr umfangreiche Zulassungsvorbringen der Klägerin in den Schriftsätzen vom 27.1.2020, 25.5.2020 und 13.8.2020 ist zunächst klarzustellen, dass Gegenstand der Anordnung der Beklagten ausschließlich die Wirksamkeit der über die Gewinnspielwebseite eingeholten Einwilligungserklärungen für telefonische Werbeansprachen, nicht aber für das Direktmarketing per E-Mail ist. Ebenfalls erwähnenswert ist der Umstand, dass das (Gesamt-)Vorbringen der Klägerin im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren nicht konsistent ist. Dem Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten nach Art. 30 DS-GVO zufolge stützt sich die Klägerin bei der Erhebung und Verwendung der Daten zum Telefonmarketing auf Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO, während sie im erstinstanzlichen und im Zulassungsverfahren maßgeblich Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zur Rechtfertigung ihres Vorgehens heranzieht. Weder die erst im Verlauf des Verwaltungsverfahrens vorgelegte „Online-Registrierung“ im Sinne des sog. Double-Opt-In-Verfahrens noch der kurz vor der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Vortrag der Klägerin, im Rahmen des Werbeanrufs werde zunächst abgefragt, ob der in der online erteilten Einwilligung eingetragene Name mit der angerufenen Person übereinstimme und erst dann werde das Interesse an Versicherungsleistungen abgefragt, sind geeignet, das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung durchgreifend in Frage zu stellen.
Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Direktwerbung ist die in Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO genannte Einwilligung oder eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Art. 7 DS-GVO bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung eine rechtwirksame Grundlage für eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass, soweit sich die Klägerin auf eine im sogenannten Double-Opt-In-Verfahren erlangte datenschutzrechtliche Einwilligung beruft, diese nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO genügt, weil der Klägerin im Fall der von ihr angerufenen Petenten nicht der Nachweis gelungen ist, dass die betroffenen Personen in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt haben (Art. 7 Abs. 1 DS-GVO). Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, muss der Verantwortliche nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat (Art. 7 Abs. 1 DS-GVO). Damit muss schon nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung die datenverarbeitende Stelle den für sie günstigen Umstand der – ausnahmsweisen – Zulässigkeit einer Datenverarbeitung auf Grundlage einer Einwilligung nachweisen.2 Erweist sich die Einwilligung als unwirksam oder kann der Werbende das Vorliegen der Einwilligung nicht nachweisen, so ist die Verarbeitung der Daten auf dieser Grundlage rechtswidrig. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin der erstinstanzlichen Entscheidung unter Verweis auf in der datenschutzrechtlichen Literatur vertretene Auffassungen nicht mit Erfolg entgegenhalten, bei dem Nachweis der Einwilligung handele es sich um keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine rechtskonforme Einwilligung nach der DS-GVO. Bereits aus der Regelungssystematik der DS-GVO (Art. 7 Abs. 1, 4 Nr. 11 DS-GVO) folgt, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche den Umstand einer wirksamen Einwilligungserteilung – wie hier z.B. gegenüber der Beklagten als Aufsichtsbehörde – nachweisen muss. Dieser Nachweis ist durch eine entsprechende Dokumentation zu ermöglichen. Auf die von der Klägerin thematisierte Frage, ob der Nachweis der Einwilligung eine erbracht werden kann. Letzteres ist hier der Fall. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs3 zu der Frage, unter welchen Umständen die im Zusammenhang mit der Veranstaltung eines Gewinnspiels im Internet erteilte Einwilligung in Telefonwerbung den Anforderungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG genügt, sowie der maßgeblichen Bestimmungen der DS-GVO angenommen, dass der Klägerin der Nachweis vorliegend nicht gelungen ist. Die Klägerin kann den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Verwaltungsgericht vermische in unzulässiger Weise die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage und das Erfordernis des Opt-Ins aus § 7 UWG bzw. der diesem zugrunde liegenden ePrivacy-Richtline (2002/58/EG). Sie macht in diesem Zusammenhang geltend, das Verwaltungsgericht übertrage – wie die Beklagte – die Anforderungen des BGH (aaO.) an die wettbewerbsrechtliche Einwilligung auf die datenschutzrechtliche Einwilligung. Die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage und die wettbewerbsrechtliche Anforderung einer Einwilligung nach § 7 UWG seien nicht zwingend zu verknüpfen. Sie meint, auch wenn der deutsche Gesetzgeber sich im Hinblick auf die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit in § 7 UWG für die Opt-In-Lösung entschieden habe, gelte das nicht zwingend für die datenschutzrechtliche Zulässigkeit. Dies überzeugt nicht. Die von dem BGH in der zitierten Entscheidung aufgestellten Anforderungen an den Nachweis einer wettbewerbsrechtlichen Einwilligung ergeben sich auch aus der Datenschutzgrundverordnung selbst. Darauf ist das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung eingegangen, indem es unter Darlegung der europarechtlichen Rechtsprechung und der Erwägungsgründe der DS-GVO festgestellt hat, dass diese in den Art. 6 Abs. 1a und 4 Nr. 11 DS-GVO selbst entsprechende (strenge) Anforderungen an eine Einwilligung und ihren Nachweis stellt. Auf die diesbezüglichen überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts (Seite 13f. des Urteilabdrucks), denen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen. Unabhängig davon leuchtet es aber auch nicht ein, weshalb die datenschutzrechtliche Beurteilung insofern von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung abweichen sollte. Beide Materien zielen auf Missbrauchsschutz ab. Daher ist es auch unter dem Gesichtspunkt der materiellen Richtigkeitsgewähr geboten, beide Regelungsbereiche widerspruchsfrei anzuwenden. Die Klägerin kann sich daher in dem von ihr gewählten Verfahren zur Kontaktdatengenerierung nicht auf eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO für die Nutzung der erlangten Telefonnummern zu Werbeanrufen berufen.
Keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln begegnet auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass für die von der Klägerin vorgenommene Datenverarbeitung zum Zweck der telefonischen Werbeansprache der Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Rechtsgrundlage wegen der Fortgeltung des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), der ausdrücklich mitgliedstaatliche Regelungen erlaubt, nach denen Telefonwerbung ohne Einwilligung des betroffenen Teilnehmers nicht gestattet ist, nicht herangezogen werden kann. Bei dem § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, welcher der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, handelt es sich um eine solche Regelung. Bei Fehlen der nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderlichen Einwilligung ist der Klägerin daher verwehrt, auf den Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO zurückzugreifen.
Selbst wenn man aber – wie die Klägerin meint – dennoch einen Rückgriff auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO im Falle einer – wie vorliegend – fehlenden Einwilligung des Betroffenen grundsätzlich als möglich erachten würde, wäre ein berechtigtes Interesse der Klägerin vorliegend bereits aufgrund der wettbewerbswidrigen Verarbeitung zu verneinen. Die Klägerin meint, mit Artikel 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO habe der europäische Gesetzgeber sich für den Weg einer flexiblen Interessenabwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen und den Interessen des Betroffenen entschieden. Dies führe dazu, dass sich die Erfahrungswerte der bisherigen Praxis nur begrenzt auf die Regelungen in der DS-GVO übertragen ließen. Auch erfolge die Interessenabwägung in Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO nach einem anderen Maßstab, da nun auf andere Leitlinien zurückgegriffen werde. Durch Nennung der Direktwerbung stelle der europäische Gesetzgeber klar, dass die werbliche Datennutzung als besonders wichtiger Anwendungsfall eines berechtigten Interesses anzusehen sei. Die Datenverarbeitung sei nur noch dann ausgeschlossen, wenn die Interessen und Rechte des Betroffenen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen überwiegen würden. Eine gleichrangige Betroffenheit der betroffenen Personen genüge nicht mehr. Sie macht weiterhin geltend, das wettbewerbsrechtliche Ergebnis ziehe gerade nicht für sich alleine die datenschutzrechtliche Zu- bzw. Unzulässigkeit der Werbemaßnahmen nach sich, sondern stelle lediglich einen von mehreren Faktoren dar. Das überzeugt nicht. Die Klägerin verkennt, dass die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, welcher der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zu berücksichtigen wären. Es ist zwar zutreffend, dass auch die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktwerbung ein berechtigtes Interesse nach dem Erwägungsgrund 47 DS-GVO darstellen kann. Aber auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Ziele, die mit der Verarbeitung verfolgt werden, unionrechtskonform sein müssen. Daher gilt auch in diesem Zusammenhang die Wertung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG Geltung beanspruchen, mit der Folge, dass sich die Klägerin nicht auf ein „berechtigtes“ Interesse berufen kann. Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen auch die Forderung, für die Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Ausgangspunkt konkret gefasste Erlaubnistatbestände aus dem nationalen Recht heranzuziehen, um dem allgemeinen Erlaubnistatbestand Konturen zu verleihen und Rechtssicherheit herzustellen.4 Dennoch begründen die von der Klägerin im Zulassungsverfahren erhobenen Einwände nicht den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
2. Die Berufung ist nicht wegen der von der Klägerin angenommenen besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen, da sich die unterbreiteten tatsächlichen und rechtlichen Fragen im Sinne einer Richtigkeitskontrolle eindeutig entscheiden lassen.
Die sich fallbezogen stellenden, insbesondere von der Klägerin hervorgehobenen Fragen, liegen nach Maßgabe des Zulassungsvorbringens weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht signifikant über dem Schwierigkeitsgrad durchschnittlicher verwaltungsgerichtlicher Streitverfahren. Soweit die Klägerin den Begründungsaufwand des Gerichts wegen unterschiedlicher Positionen von Obergerichten und zwischen Rechtsprechung und Literatur als schwierig und ungeklärt ansieht, stellt sich diese Problematik im vorliegenden Zulassungsverfahren aus den zuvor unter Nr. 1 dargelegten Gründen nicht. Soweit die Klägerin des Weiteren auf ihrer Meinung nach divergierende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung verweist, begründet dieser Umstand ebenfalls keine besonderen Schwierigkeiten in diesem Sinn, weil die von der Klägerin genannten Entscheidungen des BGH5 noch auf Grundlage des alten Rechts ergangen sind und unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage keine Geltung mehr beanspruchen können. Im Ergebnis das gleiche gilt im Hinblick für die im Weiteren behauptete Diskrepanz in der Auslegung der streitgegenständlichen Anordnung durch die Beklagte selbst und durch das Verwaltungsgericht im Hinblick auf das Verfahren der Telefonverifizierung. Vorliegend geht es nur um das von der Klägerin vorgenommene streitgegenständliche Verfahren, welches sowohl von der Beklagten und auch vom Verwaltungsgericht bei der Bewertung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit zugrunde gelegt wurde. Welche anderen in Betracht kommenden Verifizierungsmaßnahmen als Nachweis einer datenschutzrechtlichen Einwilligung geeignet sind, ist indessen nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass sich die streitige Anordnung auch auf einen ersten Anruf mit dem zum ersten Mal ein Opt-In – die Einwilligung – abgefragt werden soll, erstreckt. Die Beklagte hat dies im Zulassungsverfahren noch einmal wiederholt und dargelegt, dass sich der Bestätigungsanruf im konkreten Kontext nicht auf eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO stützen könne und auch Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO keine entsprechende Legitimation vermittele.6 Entgegen der Ansicht der Klägerin weist die Rechtssache daher keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf.
3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargelegt. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinn, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.7 Auch hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach Ansicht der Klägerin geht es insbesondere um die Rechtsfrage, ob auf die datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlagen die Wertungen des UWG anwendbar sind. Sie macht geltend, es gehe darum, ob bei Auslegung des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DS-GVO eine nationale Norm wie § 7 UWG berücksichtigt werden dürfe, die zwar auf einer EU-Richtlinie basiere, aber dem Mitgliedsstaat einen Entscheidungsspielraum gebe. Diese Fragen lassen sich aber – wie zuvor unter Nr. 1 dargelegt – ohne weiteres aus den einschlägigen Bestimmungen und auf der Grundlage der Rechtsprechung bejahend beantworten.
Dasselbe gilt für die von der Klägerin ausdrücklich aufgeworfenen Rechtsfragen:
„Ist es mit dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vereinbar, die Opt-In-Lösung aus dem Wettbewerbsrecht, die in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt worden sei, so auf die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage der DS-GVO anzuwenden, dass faktisch außer einer Einwilligung keine anderen datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlagen in Frage kommen?
Muss die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für telefonische Direktwerbung zwingend immer eine Einwilligung sein, die sich an den wettbewerbsrechtlichen Maßstäben des § 7 UWG misst, oder kann die wettbewerbsrechtliche Einwilligung nach § 7 auch gesondert von der datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage eingeholt werden und die hierfür notwendige Datenverarbeitung auf eine andere Rechtsgrundlage, insbesondere im Einklang mit Erwägungsgrund 47 der DS-GVO auf berechtigte Interessen gem. Artikel 6 Abs. 1 Satz 1f DSGVO gestützt werden?
Ist die strenge Rechtsprechung des BGH zur wettbewerbsrechtlichen Einwilligung in telefonische Direktwerbung auf Basis des § 7 (Urteil vom 10.2.2011 – ICR 164/09) auf die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage (Einwilligung oder berechtigte Interessen) übertragbar, obwohl der BGH an die datenschutzrechtliche Einwilligung sehr viel geringere Anforderungen stellt und hierfür sogar ein Opt-Out statt einem Opt-In ausreichen lässt?“
Soweit die Klägerin des Weiteren auf ihrer Meinung nach divergierende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung verweist, verfängt diese Argumentation nicht, weil diese Entscheidungen8 noch auf Grundlage des alten Rechts ergangen sind, unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage keine Geltung mehr beanspruchen können und die dort aufgestellten Grundsätze mit Geltung der DS-GVO ab dem 25.5.2018 als obsolet betrachtet werden müssen. Einer Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf das nicht.
Liegen die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe demnach nicht vor, ist der Antrag zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 47 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Fußnoten
1)
vgl. dazu allgemein OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2002 – 1 Q 55/01 – SKZ 2002, 289, LS Nr. 15, seither ständige Rechtsprechung
2)
vgl. Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, Kommentar, 3. Aufl. 2020 Art. 7 DS-GVO Rdnr. 23
3)
Urteil vom 10.2.2011 – I ZR 164/09 -; juris
4)
vgl. Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, Kommentar, 3. Auflage 2020, Art. 6 DS-GVO Rdnr. 145
5)
Urteile vom 11.11.2009 – VIII ZR 12/08 – und vom 16.7.2008 – VIII ZR 348/06 -; zitiert nach juris
6)
vgl. Schreiben vom 2.7.2020
7)
OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.10. 2016 – 1 A 137/15 –, juris
8)
vgl. BGH Urteil vom 11.11.2009 – VIII ZR 12/08 -; BGH Urteil vom 16.7.2008 – VIII ZR 348/06 -; zitiert nach juris